Montag, 2. März 2015

Forme(l)n des Nichtdenkens (Fortsetzung)



Der Fehlschluss des ersten Schritts

In der Artificial Intelligence erfreut sich eine Argumentationslogik verbreiteter Beliebtheit, die man einfach so wiedergeben könnte: Mehr vom Gleichen ist besser. Beflügelt vom sogenannten Moore­schen „Gesetz“, wonach sich die Schaltkreiskomponenten auf einem Chip regelmässig alle 12 bis 24 Monate verdoppeln, ging man davon aus , dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die ersten Computer das Intelligenzniveau des Homo sapiens erreichen würden. Nur ist die Logik dürftig. Genauer gesagt steckt in der Argumentationslinie ein Wurm, der sogenannte Fehlschluss des ersten Schritts: Wenn erst einmal ein erster Schritt getan ist, dann führt eine endliche Anzahl Schritte zum Ziel. Man muss einem „dummen“ System – einem Computer – nur genügend viel Komponenten beifügen, bis er Intelligenz zeigt. Anders gesagt: Intelligentes Verhalten ist dummes Verhalten, beliebig oft und richtig zusammengebastelt. Mein Auto zeigt in diesem Sinn eine „Art von“ Intelligenz, wenn es bei nicht geschlossener Wagentür piepst; mein Smartphone zeigt eine „Art von“ Intelligenz, wenn es mich daran erinnert, dass ich noch Brot und Milch einkaufen soll. Nur: wann ist ein künstliches System „wirklich“ intelligent, und nicht bloss eine „Art von“ Intelligenz? Ab wie viel Körnchen ist kein Sandhaufen ein „wirklicher“ Sandhaufen? Ist ein einziges Körnchen eine „Art von“ Sandhaufen? Zweifellos führt das Erklettern eines Baumes den Affen ein bisschen näher zum Mond. Aber das heisst für den Affen-Astronauten nicht, dass er diese Schritte einfach immer wiederholen muss, um schliesslich auf dem Mond zu landen.

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