Montag, 16. Juni 2025



Das Rudozän - Zeitalter des Mülls

Dass sich die Erde zunehmend in eine Müllhalde verwandelt, gehört zu den Trivia, die wir mehr oder weniger schuldbewusst abschütteln. Müll ist zwar Produkt aus Menschenhand, freilich will ihn niemand besitzen, bedenken oder sehen. Man kann ihn aber auch nicht ein-fach der Natur zuschlagen, jedenfalls nicht in dem Sinn, in dem der vorindustrielle Abfall über Jahrtausende hinweg abbaubar war. Der neue Müll verträgt sich nicht mit der Erde – zu synthetisch, zu schädlich, zu haltbar, zu voluminös. 2020 war zu lesen, dass die anthropogene Masse auf der Erde die Biomasse zum ersten Mal übersteigt. 

Natur und Müll fusionieren, in planetarischer wie in mikrobiologischer Dimension. Es gibt im Pazifik eine riesige Platikmüllregion – den Great Pacific Garbage Patch - , und Plastikmüll findet sich bereits in kleinsten Dimensionen vermischt mit organischer Materie. Müll ist nicht mehr einfach «Abfall» der Kultur. Müll gehört zur Kultur. Wir unterscheiden Zeit-alter nach dem menschlichen Umgang mit Materie: Von der Steinzeit und Bronzezeit über die Dampfzeit und Elektrizitätszeit zur Informationszeit. So gesehen gewinnt man den Eindruck, dass die postindustrielle Arbeitswelt sich zunehmend «entmaterialisiert». Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Seit der Dampfzeit produzieren wir eine exponenziell wachsende Menge materieller Güter – und Müll. Wir sprechen heute vom Anthropozän, passender wäre: Rudozän – (lateinisch rudus = Abfall).

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Sein offensichtlichstes Symptom ist der lukrative globale Abfallhandel. Das alles absorbierende spätkapitalistische System produziert nicht einfach Müll, sondern schafft zugleich Anreize, sich am Müll eine goldene Nase zu verdienen. Der Journalist Alexander Clapp deckt in seinem Buch «Waste Wars» (deutsch September 2025) die Machenschaften eines Geschäfts auf, das sich gern «grünwäscht», aber mit Recycling eigentlich wenig am Hut hat. Vielmehr die Probleme der westlichen Konsumgesellschaft dadurch löst, dass es sie in gesundheitsschädliche  Mülldeponien in Ghana, Kenia, Indonesien, Indien und wo auch immer transferiert. Die Ironie ist schreiend. Früher lieferten solche Länder Rohstoffe für die industrielle Produktion des Westens. Nun liefert ihnen der Westen den Müll dieser Produktion zurück. Dieser Missstand hat grosses Empörungspotenzial. Unsere Anstrengungen der Mülltrennung, auf die wir uns so viel zugute halten,  ja, unser ganzes ökologisches Gewissen sieht sich durch solche Praktiken beleidigt und besudelt.

Dabei müssten wir gerade dieses «Gewissen» einer näheren Analyse unterziehen. Von einem Symptom zu sprechen meint: das Problem liegt tiefer. Und zwar nicht einfach im dominanten Wirtschaftssysstem, sondern in einem Denken, das sein Wurzelgrund ist. Der streitbare Kulturkritiker Ivan Illich legte schon 1989 im Buch «Ex und Hopp» den Finger auf den neuralgischen Punkt. Müll sei nicht das Ergebnis des industriellen Produktionsprozesses, sondern werde mit dem Produkt schon a priori mitgedacht. Gebrauchen heisst Verbrauchen und hat deshalb ein Ende, und das ist der Wegwurf. 

Müll ist Materie, aber er entsteht im Kopf, entspringt einem Denken. «Beim Müll geht es ja immer um das Trennen. Darum sag ich, Müll beste Schule für das Denken. Weil du hast die Kategorien, sprich Wannen», liest man im Roman «Müll» von Wolf Haas. Wir kennen die berühmte Definition der Ethnologin Mary Douglas: Müll ist Materie am falschen Ort. Die Definition macht sogleich klar, dass Müll nicht bloss eine physikalische, chemische oder biologische Eigenschaft der Materie ist, sondern eine kulturelle. Erst eine Kultur definiert das Falsche, wertet oder entwertet. Und der Rumpf einer Kultur besteht in – meist unbewussten – Verhaltensweisen. Sie zu studieren ist die Disziplin der Anthropologen oder Ethnologen. Was also dringend not tut, ist eine Ethnologie unseres eigenen Müllverhaltens. 

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Betrachten wir als banales Beispiel unser «westliches» Essverhalten. Bekanntlich kämpfen wir auch hier mit dem Müll, mit Nahrungsmaterie am falschen Ort, nämlich ausserhalb unserer Mägen. Gewiss, das Verrotten von Nahrungsmitteln ist ein biochemischer Prozess, aber ebenso definiert unsere Esskultur, was Müll ist. Und in ihr gibt es ein dominantes binäres Denkraster: Entweder ist etwas zum Essen oder es ist nicht zum Essen, ergo Müll. Ein Drittes gibt es nicht.

Allmählich entdecken wir dieses Dritte zwischen Teller und Müll. «Food Waste» nennen wir es: brauchbaren Essmüll. Was wir entdecken, ist eigentlich nicht die Nahrungsmaterie, son-dern unser Denken darüber. Schon Daniel Spörri forderte es heraus, als er Essensreste an die Wand nagelte. «Empörend» daran war ja, dass er eine Blickumkehr provozierte: Das kann nicht weg, das ist Kunst! Er zeigte einen Umgang mit dem Müll, an den wir nicht «gedacht» hatten, weil das Wegwerfsystem «des Westens» zugleich eine Denkverhinderung ist. In allen Kulturen und zu allen Zeiten ging der Mensch mit den Nahrungsmitteln erfindungsreich und nachhaltig um. Es gibt im Übrigen eine wahre Grossindustrie an Nahrungsmittelverarbeitern, die wir leicht vergessen: die Natur. Hefe, Schimmel, Bakterien wachsen auf Essensresten. Ohne sie gäbe es weder Bier, noch Brot, noch Käse. Einige der verbreitetsten und beliebtesten Speisen – Saucen, Suppen, Aufläufe, Eintöpfe – sind «Deponien» von Essensabfällen.  

Die Kategorie der Nahrungsmaterie zwischen Tisch und Müll kann uns ein kritischeres Essverhalten lehren, das heisst, selber zu urteilen, unseren Sinnen zu trauen, Phantasie zu entwickeln und täglich die Frage zu stellen: Gehört das wirklich in die Tonne? Man könnte von einer nichtbinären Esskultur sprechen. Und auf ähnliche Weise liesse sich dieser Blick zwischen die gängigen Kategorien auch auf andere kulturelle Gewohnheiten übertragen, etwa auf die Kleidung: Ist das noch tragbar oder Lumpenware? Oder auf das Wohnen: Ist das noch bewohnbar oder gehört es abgebrochen? 

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Vergessen wir nicht den geistigen Müll. Er bedroht den Planeten ebenso wie der materielle. Und der grosse Unterschied liegt darin, dass der geistige Müll sich nicht in peripheren Deponien lagern lässt, er zirkuliert ungehemmt zwischen den Knoten des Internets. Seine Entsorgung erweist sich als grosses Problem. Denn Müll in Umlauf zu bringen ist sehr viel leichter, als ihn als solchen zu entlarven. Es braucht dazu die Anstrengung des Faktenchecks, des argumentativen Eintretens auf eine Behauptung. «Flood the zone with shit» lautet das Dreckschleuderprinzip des ehemaligen Trump-Beraters Steve Bannon: Die Medien und Debattenforen mit Lügen und Falschinformationen fluten, damit ein sich am Wahr-Falsch-Raster orientierendes Denken gar nicht mehr nachkommt, sie zu prüfen – bis im Meinungsmüll die Trennung von falsch und richtig versagt. «Enshittification» nennt sich die Entwicklung neuestens. 

Die Technologie der Textgeneratoren treibt sie voran. Das Internet wird zunehmend auch von KI-generiertem Output überschwemmt. Benutzt man diesen Output wiederum zum Training der Textgeneratoren, entsteht ein Loop, aus dem die «rein» menschengenerierten Texte tendenziell verschwinden. Der Textgenerator frisst dann seinen eigenen Müll, und gibt am Ende nur noch Blahblah heraus. In der Branche kursiert bereits ein einschlägiger Ausdruck dafür: «KI-Slop», KI-Schlabber.  Man kann Daten als «vermüllt» bezeichnen, wenn man nicht mehr verlässlich entscheiden kann, ob sie vom Menschen oder vom Computer stammen. So gesehen zeichnet sich eine grosse Netzvermüllung am Horizont ab.

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Man kann die Alltagsdinge aus mehr als einer Perspektive betrachten und beurteilen. Das entpuppt sich als eine revolutionäre Trivialität. Schon Karl Marx schlug im «Kapital» vor: «Jedes nützliche Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann daher nach verschiedenen Seiten nützlich sein. Diese verschiedenen Seiten und daher die mannigfachen Gebrauchsweisen der Dinge zu entdecken, ist geschichtliche Tat». Rudozän oder Müllzeitalter ist ein expliziter Aufruf zu dieser Tat.



Freitag, 6. Juni 2025

 


Die Aare wartet. Der Sprung muss gewagt werden




Ein neues Wissenschaftsethos für eine postpostfaktische Ära

Nun schleicht sich auch in universitären Gefilden – im Reich der Ideenfreiheit, der Suche nach Wahrheit, der Faktentreue – die Kriegsmetapher ein. Sheila Jasanoff, Professorin für Wissenschaftspolitik an der Harvard University, spricht in einem rezenten Artikel der ZEIT vom «Bürgerkrieg der Ideen» : «Auf der einen Seite kämpfen die Verfechter des Glaubens, dass die Wissenschaft uns die besten Antworten auf die meisten sozialen Probleme gibt; auf der anderen Seite kämpfen Menschen, die glauben, dass die Wissenschaft in Amerika von einer ‘Big Government’-Ideologie vereinnahmt wurde. Sie wollen Forschungseinrichtungen wie die National Institutes of Health auflösen, um die Wissenschaft von Grund auf neu aufzubauen.» 

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Die Kriegsmetapher ist überspitzt, aber sie akzentuiert durchaus ein Problem. In modernen Gesellschaften gilt die wissenschaftliche Expertise als Erkenntnisautorität. Coronaepidemie und Klimawandel haben indes den Ruf der Experten nicht gefördert. Er wird vielmehr herausgefordert durch Leute, die glauben, mit einer zusammengestümperten Do-it-yourself-Theorie in Konkurrenz zum gesammelten Wissen einer Disziplin treten zu können; die zum Beispiel Bleichmittel gegen das Coronavirus einnehmen oder ihren Prostatakrebs mit einem Entwurmungsmittel für Pferde behandeln. Jeder ist frei, die Welt auf seine Weise zu deuten – und durch diese Deutung sich selbst zu beschädigen.

Solange die wissenschaftliche Autorität als unbestritten galt, liess sich eine solche «Querkopf»-Mentalität leicht marginalisieren. Aber das Klima hat sich gewandelt. Heute ist ein «Querkopf» Gesundheitsminister der USA. Bereits in der kurzen Amtszeit von Robert Kennedy Jr. deutet sich an, was Sheila Jasanoff mit der Auflösung von Forschungseinrichtungen und dem Neuaufbau der Wissenschaft meint. Kennedy hatte sich vor allem als Kritiker der Pharma- und Lebensmittelindustrie profiliert, allerdings auch mit wilden Hypothesen über den Zusammenhang von Massenschiesserei und Antidepressiva, Impfen und Autismus, Chemikalien im Wasser und sexueller Orientierung. Er scheint sich jetzt in der Rolle als «pain in the ass» des wissenschaftlichen Establishments zu gefallen. Er steht im Ruf des Schlangenölverkäufers  und Förderers von «Junk Science».   Kürzlich empfahl er bei einem Masernausbruch in Texas ein Präparat aus Kabeljauleber als Alternative zum Impfen.  Kennedy fördert nicht nur Pseudowissenschaftler, er attackiert zugleich ausgewiesene Forscher.  Man muss sich vor Augen halten: Das amerikanische Gesundheitsministerium – das Department of Health and Human Services - verfügt über ein gewaltiges Budget - um die 1.8 Billionen Dollar - , und sein Vorsteher hat eine entsprechende Machtfülle, die medizini-sche Forschung in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken, indem er Gelder für bestimmte Projekte kürzt und missliebige Wissenschaftler entlässt. Kennedys Parole «Make America Healthy Again» (MAHA) ist schon als «neuer Lyssenkoismus» bezeichnet worden , in Anspielung auf die dirigistische Forschungspolitik unter Stalin.

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Personalisieren wir das Problem nicht über Gebühr. Denn Kennedy ist eigentlich nur Symptom einer schon länger anhaltenden Krise des wissenschaftlichen Expertentums, allgemeiner: einer Krise der Erkenntnis. Man kann 1975 als das Schlüsseljahr betrachten, in dem diese Krise einsetzte. Damals erschien das Buch «Against Method» des Wissenschaftsphilosophen Paul Feyerabend. Er leugnete darin den Anspruch der modernen Wissenschaft – primär der exakt-naturwissenschaftlichen Disziplinen – ,  die alleinige Erkenntnisinstanz zu sein. Vielmehr gelte: Anything goes.  Auch Alchemie, Astrologie oder paracelsische Medizin seien durchaus ernstzunehmende Ansätze in der Erklärung von Phänomenen, und ihre Disqualifizierung müsse einer arroganten wissenschaftlichen Siegergeschichtsschreibung angelastet werden. Im Geiste dieser «Anarchie» begannen in den 1990er Jahren die sogenannten Science studies die Deutungs- und Geltungsmacht der Wissenschaft schärfer zu analysieren. Insbesondere dekonstruierte man wissenschaftliche Fakten als «gemacht». Und damit war natürlich der logische Schritt zu den «alternativen» Fakten-Fabrikanten vorbereitet. 

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Nach gängiger Auffassung ist Wissenschaft  ein wertfreies, nur der Wahrheit verpflichtetes Erkenntnisunternehmen. Es ist ergebnisoffen, lernt aus Fehlern, heisst neue Ideen und neue evidence willkommen. Das ist ein schönes Ethos. Grundlagendisziplinen wie Physik, Mathematik, Chemie und Biologie verfahren angenähert nach ihm. Sie geniessen in der modernen Gesellschaft gewissermassen das Gnadentum reiner Erkenntnissuche – worunter zumal die öffentliche Finanzierung gehört. 

Aber dieses Ethos steht etwas verloren in der aktuellen Forschungswelt. Die Wissenschaft bekommt es zunehmend mit «verunreinigten» Phänomenen zu tun, die sich nicht in einzel-ne Fachdisziplinen aufdröseln lassen. Das hat die Coronapandemie exemplarisch vor Augen geführt. Auf den ersten Blick war das Interesse ein spezifisches: Krankheit eindämmen, den Tücken des Virus auf die Schliche kommen. Also fachliche Erkenntnis. Sie erfordert die Kompetenz von Virologen, Infektiologen, Epidemiologen, Pharmakologen. Im weiteren aber auch von Zoologen und Ökologen. Sie studieren die Ansteckungswege, die dem Virus über Wirttiere offen stehen, etwa Fledermäuse, Zibetkatzen oder Schuppentiere. Schliesslich tauchen soziale Kollateralprobleme auf, etwa die Frage, wie die wissenschaftlich empfohlenen Massnahmen das soziale Leben beeinträchtigt, die wirtschaftliche Grundlage von Menschen zu ruinieren droht, wie der Schulunterricht durchzuführen ist, wie man in Spitälern eine Triage vornehmen muss. Alle diese Fragen sind ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger als die fachlichen – zumindest für den Laien. Denn er ist am Ende die «Labormaus», an der sich all die fachlichen Anstrengungen zu bewähren haben. Und er soll dabei einfach schweigen?

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Kurz, das Virus hat uns demonstriert, dass die im weitesten Sinn «virulenten» Probleme moderner Gesellschaften sich in der Regel nicht aus einer einzigen Perspektive definieren, geschweige denn lösen lassen. Der Virologe Christian Drosten drückte das kürzlich in einem Satz  aus: «Wenn die Gesellschaft ein Problem hat und man so oder eben auch so mit der Sache umgehen kann – oder sogar muss - , dann wird es politisch». 

Der Satz umreisst bündig die aktuelle Lage der Wissenschaft. Sie muss sich als ein Gesichtspunkt unter anderen profilieren. Sie kann ihre Glaubwürdigkeit nicht mehr einfach als letztgültige, «der» Wahrheit verpflichtete Instanz begründen, die dem politischen Alltag überhoben ist. Wie Drosten bemerkt, seien es «die Wissenschaftler noch nicht gewohnt, Faktizität verteidigen zu müssen. Unsere Ausbildung lag noch vor der postfaktischen Ära». Deshalb müssten die Wissenschaftler «dringend darüber reden, welche Verpflichtungen die Gesellschaft (ihnen) mit der Wissenschaftsfreiheit auferlegt». Objektivität ist sicher nach wie vor die Pflicht. Aber dazu tritt eine zweite, nämlich die Pflicht, offensiv den Tendenzen entgegenzuwirken, welche die Institutionen der Erkenntnissuche zu destabilisieren trachten. Das ist kein «Krieg», sondern die Aufgabe, ein neues wissenschaftliches Ethos zu formulie-ren, das die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft festigt -  für eine postpostfaktische Ära, die hoffentlich immer noch im Zeichen der Demokratie steht. 


Montag, 2. Juni 2025


Die Aufklärung misslingt

Der Mensch entwickelt sich vom Primitiven zum Neoprimitiven


Es gehört zur ethnologischen Folklore, Magie und Zauberglauben mit „primitiver“ Entwicklungsstufe des Menschen zu assoziieren. Nun beobachten die Ethnologen im globalen Süden immer wieder Praktiken, die moderne Technologie mit alten magischen Vorstellungen verschmelzen: Internet-basiertes Voodoo in Haiti; hellseherische Chirurgen in Brasilien; Aerosole, die den schützenden Geist der Santa Muerte in Mexiko versprühen; schwerbewaffnete Geistermedien in Uganda; nicht zu vergessen ein berüchtigtes Paar dämonisch besessener Unterhosen in Ghana. Solche Phänomene bekräftigen natürlich das Klischee von der „zurückgebliebenen“ Dritten Welt, deren Bevölkerung einfach nicht den Anschluss an die Moderne findet.  

Tun wir es, die vermeintlich Modernen oder Postmodernen? Schauen wir auf eine technologisch höchst avancierte Gesellschaft wie Japan. In Kotohira steht ein berühmtes altes shintoistisches Heiligtum, der Schrein Kotohira-gū. Dort findet man auch eine Tafel zu Ehren des ersten japanischen Kosmonauten, Akiyama Toyohiro. Genauer besehen, wird nicht nur Toyohiro Ehre bezeugt, sondern es wird auch Konpira, dem Gott der Seefahrer, für den sicheren Flug gedankt. Eine seltsame Verschränkung von alter Religiosität und moderner Technologie. Mit solchen religiös-technischen Hybriden ist die kulturelle Landschaft Japans gespickt. Es gibt Begräbnisrituale für Hunderoboter, iPhone-Apps für Exorzismus und Wahrsagerei, Speichersticks als magische Amulette, buddhistische Stupas (turm- oder glockenförmige Gebilde mit einer herausragenden Spitze), die Thomas Alva Edison und Heinrich Hertz als den „göttlichen Patriarchen der Elektrizität und der elektromagnetischen Wellen“ gewidmet sind. 

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Hüten wir uns hier vor einem anderen Klischee, jenem des „mystischen“ Asiens. In den USA herrscht geradezu eine „Okkultur“, um den gelungenen Neologismus des Religionswissenschaftlers Christopher Partridge zu verwenden. Im New-Age-Spiritualismus und der Popkultur wimmelt es seit den 1960ern nur so von Geistern, Dämonen, Ma-giern, Superhelden, und ohnehin spukt in den Köpfen der Amerikaner der Glaube an Telepathie, ESP, Ufos, Aliens, Hexen, Hellsehen, Reinkarantion, Astrologie. Aufs Ganze gesehen implizieren Umfragestatistiken, dass nur etwa ein Viertel der US-Bevölkerung nicht an das Paranormale glaubt. Mehr als ein Viertel soll dagegen dem Hexenglauben anhängen, obwohl – oder eher: weil - populäre Fernsehserien wie „Bewitched“ das Hexenbild sozusagen haushaltskompatibel gemacht haben. Nach wie vor führen allerdings christliche Fundamentalisten einen Feldzug gegen Hexen, und der evangelikale Sturmtruppführer Pat Robertson entblödet sich nicht, vor Frauen mit eher emanzipatorischen Anliegen zu warnen: sie würden Hexerei praktizieren.

Brüsten wir Europäer uns nur nicht vorschnell damit, im Kerngebiet der Aufklärung zu leben. Zwar kursiert das Gerücht, Gott sei im Engadin getötet worden, und nicht wenige Europäer suchen sich gegenüber Amerikanern gerade durch ihre Säkularität hervorzutun. Mehr als die Hälfte der Engländer soll nach einer jüngsten Umfrage nicht an Gott glauben. Zudem sorgt die agressive Bewegung der neuen Atheisten für ein Dawkinsches Windchen. Aber der Tod Gottes bedeutet nicht notwendig den Tod des Zauberglaubens. Statistische Vergleiche zeigen ein ähnliches Bild wie in den USA: Der Glaube an das Übernatürliche ist weitverbreitet. Auch auf dem Kontinent wimmelt es nach wie vor von verhexten Orten, Schutzengeln, Stimmen aus dem Jenseits, Geistheilern. Im entgotteten Vakuum tanzen fröhlich die Gespenster. 

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Nichts ist hartnäckiger als der Mythos der Aufklärung, der uns einredet, Wissenschaft und Technik hätten uns aus dem Entwicklungsstadium des „Primitiven“ gehoben. Max Weber gebrauchte 1913 zum ersten Mal den Begriff, der die Folgezeit charakterisieren sollte: Entzauberung der Welt. Das geschah in einer Zeit des blühenden Okkultismus, demgegenüber sich Weber übrigens aufgeschlossen zeigte. Ein Jahrhundert später zeigt schon ein kursorischer Blick: Die Welt des Kapitalismus ist verzaubert wie nie zuvor – durch Technik. Wir schaffen andauernd technische Wunderwerke. Verwunderlich dabei ist allerdings, wie wenig wir uns wundern. Wir lassen uns von den neuesten Apps und Gadgets durchaus verzaubern, aber diese Verzauberung verläuft in kommerzialisierbaren Bahnen. Der Zauber selbst ist nun zum Industrieprodukt geworden. Er führt meist kaum weiter als zum reibungslosen Gebrauch und zu einer fiebrigen Erwartung neuer Versionen und Updates; nur nicht zur Frage, wie das Ding funktioniert. Magie und technischer Analphabetismus bedingen einander wechselseitig. Von einem Klassiker der Science-Fiction, Arthur C. Clarke, stammt der vielzitierte Satz: „Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie ununterscheidbar.“

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Man könnte auch sagen: Technologie ist Magie mit modernen Mitteln. Wir leben in ei-ner Epoche der rationalisierten Magie. Das Wort ist altpersischer Herkunft: „maga“ bedeutet bestimmte aussergewöhnliche Fähigkeiten oder Kräfte von Menschen, Tieren oder Dingen. Diese Kräfte können beansprucht oder verliehen werden. Am besten denkt man bei Magie an Charisma. Charismatische Personen haben die „Magie“, andere zu „verzaubern“, das heisst auch, sich anderer zu bemächtigen. Heute läuft das Design der Artefakte primär in diesem Sinne darauf hinaus, sie charismatischer zu machen. Das iPad wurde als „magisch“ lanciert. Laut dem Chefdesigner von Apple, Jonathan Ive, sei die Aufgabe der Firma, harte, schwierige Probleme zu lösen, ohne die Komplexität der Probleme erscheinen zu lassen. Produkte-Design ist „Magifizierung“. Man betrachte das Smartphone: ein glatter, handlicher, undurchsichtiger Kleinmonolith. Mit einer leichten Berührung lässt sich alles herbeizaubern.  Magie heisst nach der Definition des Ethnologen Marcel Mauss: Kurzschluss zwischen Wunsch und Erfüllung. Das Wischen über das Display des Smartphones ist ein magischer Akt.

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Zurzeit wird bekanntlich viel über den „neuen“ posthumanen Menschen schwadroniert, der sich dank Technik auf ein nie dagewesenes Entwicklungsniveau hangelt. Nüchtern betrachtet, nähern wir uns aber eher animistischen früheren Kulturen, die wir doch überwunden zu haben glaubten. Wir sind magiegläubiger denn je. Statt unserem eige-nen Verstand vertrauen wir mehr dem „Verstand“ der Maschinen-Software, und in dieser Hinsicht gleichen wir dem „Primitiven“, der seine Baum- und Wassergeister be-schwört. Wahrscheinlich ist dieser „Primitive“ uns darin sogar voraus, dass er seine Lebensbedingungen ziemlich gut kennt und im Griff hat. Max Weber fragte seine Zuhörerschaft, ob sie eine grössere Kenntnis ihrer Lebensbedingungen habe, „als ein Indianer oder ein Hottentotte (..) Wie der Wilde es macht, um zu seiner täglichen Nahrung zu kommen, und welche Institutionen ihm dabei dienen, das weiss er.“ Wogegen die zunehmende Technisierung unserer Lebenswelten „nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen (bedeutet), (..) sondern (..) etwas anderes: (..) den Glauben daran: dass man alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne.“ Der Glaube an das „im Prinzip“, wohlgemerkt. 

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Edward Burnett Tylor, ein Pionier der Religionsanthropologie, schrieb 1871 in seinem Buch „Primitive Cultures“: „Die Welt wimmelt erneut von intelligenten und mächtigen (..) spirituellen Wesen, deren direkte Wirkung auf Geist und Materie wir ebenso vertrauensvoll annehmen wie in jenen Zeiten und Ländern, in denen es der Physik (..)  noch nicht gelungen war, die Geister und deren Wirkungen aus der Natur auszustossen.“ Man ersetze „intelligente und mächtige spirituelle Wesen“ durch „intelligente und mächtige virtuelle Wesen“, und man hat einen prägnanten heutigen Lagebeschrieb. Wir werden die Geister auch weiterhin nicht los. Die Entzauberung, also die Aufklärung, misslingt uns. Wir sind Neoprimitive auf technisch avanciertestem Niveau.


Dienstag, 27. Mai 2025




Technological fix - Das Paradox der technologischen Entwicklung

Erfindungen prägen unser Leben tief, vom Radio über das Auto bis zum Computer. Und nach einer vorherrschenden Ansicht über Technik macht Not erfinderisch: Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung. Da ist ein Problem und durch eine Erfindung lösen wir es, sprich: verschwindet es. Die Ansicht kursiert heute unter der Bezeichnung des technological fix, oder - spezifischer im digitalen Kontext – des Solutionismus: Verwandle ein Problem in ein ingenieurales und löse es durch die Erfindung oder Verbesserung einer entsprechenden Technik. 

Die Ansicht erweist sich bei näherem Betrachten als fatal einseitig. Technik ist ambivalent. Oft erweist sie sich als das Problem, für dessen Lösung sie sich hält. Der amerikanische Technikhistoriker Melvin Kranzberg hat deshalb vor vierzig Jahren den obigen Spruch umgekehrt und als «Kranzberg-Gesetz» formuliert: Erfindung ist die Mutter der Notwendigkeit. Er schlug damit – nicht ohne Ironie - ein anderes Narrativ vor: Innovationen schaffen neue Nöte, machen in der Regel weitere Zusatzerfindungen notwendig, um wirklich effizient zu werden.  Das heisst, Erfindungen setzen einen innovativen Zyklus in Bewegung, der gewissermassen eine «kranzberg’sche» Eigengesetzlichkeit entwickelt. 

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Denken wir an die Automobilindustrie. Die Erfindung des Fliessbandes hat eine gewaltige Kaskade von technischen Problemen und Innovationen losgetreten, von Fords T-Modell bis zu Musks Tesla. Und hier tritt ein paradoxer Aspekt der Technologieentwicklung zutage: Wir sind heute in avancierten Gesellschaften auf Technik mehr denn je angewiesen, und dennoch können wir immer weniger auf Lösungen im Sinne des technological fix zählen.  

Die Umweltwissenschaftler Braden Allenby und David Sarewitz orten darin das Problem zunehmender Komplexität. In ihrem Buch «The Techno-Human-Condition» (2013) skizzieren sie drei Stufen der Komplexität: die lokale, regionale und globale. Man könnte auch von zahmer, vernetzter und tückischer Technologie sprechen. Auf der lokalen Stufe der Werkstatt ist das Auto eine zahme, eine isolierte Technologie. Die Probleme an ihm lassen sich eindeutig formulieren und als Ursache-Wirkungs-Kette konzipieren: Bessere Bremsen, Motoren mit höherem Wirkungsgrad, leichteres Chassis-Material. Das ist die Ebene der Designer und Ingenieure. Auf der regionalen Stufe entpuppt sich das Auto als vernetzte soziokulturelle Technologie. Hier stellen sich Probleme, die nicht mehr so leicht überschaubar und zu bewältigen sind wie in der Werkstatt: Strassenbau, Verkehrsdynamik, Treibstoffversorgung. Das ist die Stufe der Planer und Operations Researcher. 

Zunehmend aber erweist sich das Auto als eine Technologie der globalen Stufe. Hier stellen sich Fragen seiner weltweiten Verbreitung, der supranationalen industriell-politischen Verflechtungen, der globalen Ressourcenpolitik. Auf dieser Stufe kann man die Probleme oft nicht nur nicht klar definieren, vielmehr ändern sie sich ständig und schwer kontrollierbar in Abhängigkeit von sozialen, politischen, ökonomischen Kontingenzen. Das Auto wird zur tückischen Technologie. Das heisst, die Notwendigkeiten, die es schafft, sind nicht mehr «rein» technisch definiert und mit einer patenten Erfindung zu lösen. 

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Ich bestreite nicht ingenieurale Lösungsansätze. Mir geht es hier um etwas anderes, um die Steigerungslogik im Ganzen. Wenn Erfindungen stets weitere Erfindungen nötig machen, führt das, zu Ende gedacht, nicht in einen Circulus vitiosus? Innovative Zyklen bewahren ihr Gleichgewicht durch ständiges Verbessern und Steigern von Geräteleistung. Das kennzeichnet die innere Dynamik der technisierten Gesellschaft. 

Die Computertechnologie macht sie exemplarisch sichtbar. Etwa in der Mitte des letzten Jahrhunderts sahen sich industrielle Produktion, Verkehr, Planung, ja, Politik mit einer Informationsflut konfrontiert, deren Management die menschliche Kapazität überstieg. Das war die Notwendigkeit, die den Computer auf den Plan rief. Und er präsentierte sich zunächst als wunderbarer technological fix. Dem mulmigen Gefühl, eine maschinelle Intelligenz könnte der Kontrolle der menschlichen Intelligenz entgleiten, begegneten die Informatiker schon damals mit der Beschwichtigung, das Problem liesse sich durch weitere technische Entwicklung bewältigen. Und die Beschwichtigung hält bis heute an, im Mantra: Wartet nur, bis wir den richtigen Algorithmus gefunden haben! 

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Kranzbergs Gesetz hat - vor allem im Zeitalter der KI-Technologie und ihrer monopolistischen Firmen - einen anderen, einen psychologischen Aspekt. Lesen wir «Notwendigkeit» als «Bedürfnis», dann lässt sich das Gesetz so formulieren: Die Erfindung ist die Mutter des Bedürfnisses. Sie schafft Bedürfnisse, die vorher nicht existierten. Die Technikgeschichte zeigt ein wiederkehrendes Phänomen: Erfindungen haben es oft schwer. Sozial und kulturell verwurzelte Interessen widersetzen sich Innovationen. Zu Gutenbergs Zeiten ertönten nicht Jubelschreie «Endlich gedruckte Texte!», vielmehr beeilten sich die Kopisten, die Presseprodukte mit einem lokalen Bann zu belegen. Der erste Verbrennungsmotor, um 1860 von Nicolaus Otto gebaut, führte nicht zur Produktion entsprechender Vehikel, weil die Leute mit Pferden und Eisen-bahnen zufrieden waren. Der Transistor wurde in den USA erfunden, aber die Elektroindustrie ignorierte ihn, um die Produkte mit Vakuumröhren zu schützen. Es blieb Sony im Nachkriegsjapan überlassen, den Transistor zum elektronischen Konsumgut zu entwickeln. 

KI-Technologie ist primär eine Bedürfnisproduktion. Sie braucht den Kunden als Be-dürftigen. Ein Ex-Geschäftsstratege bei Google beschreibt die Industrie als die «umfassendste, normierteste und zentralisierteste Form der Verhaltenskontrolle in der Geschichte der Menschheit (..) Ich realisierte: Da ist buchstäblich eine Million Menschen, die wir sozusagen anstubsen und überreden, Dinge zu tun, die sie sonst nicht tun würden». 

«There’s an App for That» lautete der Werbespruch von Apple 2009. Besessen vom nächsten neuen Ding hetzt heute die Entwicklung in einer Endlosschleife der Innovationen manisch vorwärts: immer neuere Versionen von Apps. Sie verkauft mit all den Apps und ihren laufenden Updates Verhaltensweisen, und sie dressiert uns immer neue Bedürfnisse an. Auch vor Google existierte die Neugier. Aber Google hat sie in ein technikkonformes Suchbedürfnis verwandelt. 

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Gibt es einen Ausstieg? Die Technikhistorikerin Martina Hessler bemüht in ihrem neuen Buch «Sisyphos im Maschinenraum» eine mythische Figur. Der moderne Sisyphos ist der vom technological fix beherrschte Mensch. Er schiebt den Stein der technischen Lösungen immer höher, aber er erreicht dadurch nur, dass der ersehnte Gipfel sich weiter entfernt. Er hat seine Strafe selber gewählt, getrieben vom Wunsch, die Welt allein mit Technik zu verbessern, ja, zu vervollkommnen. Technological fix sagt alles: Befestigung einer bestimmten Vorgehensweise. Das Sisyphoshafte ist dieser Art von Entwicklung inhärent. Wie Martina Hessler bemerkt, verbleiben «technologische Lösungen in der Regel in einer Logik, die das Bisherige fortsetzt (..) Die vermeintlich disruptiven Technologien erweisen sich aus dieser Perspektive gar nicht als disruptiv, sondern lösen das Problem in der Logik des Problems, anstatt es kreativ völlig neu zu denken». 

Das ist der springende Punkt. Menschliche Kreativität und Ingeniosität sind wundervolle Fähigkeiten. Sie müssen sich nicht auf technische Erfindungen beschränken. Was, wenn sie sich weniger von der «Logik des Problems» leiten liessen und vermehrt für alternative Lebensformen interessierten? Wir haben sehr viel Intelligenz in Geräte gesteckt. Nun brauchen wir noch mehr Intelligenz, um unsere eigenen Fähigkeiten (auch dank Technik) wieder zu entdecken. Denn die Koevolution von Mensch und Maschine könnte ihren Ausgang nicht bloss in superschlauen Maschinen finden, sondern auch in subschlauen Menschen. Und die Wahrscheinlichkeit für die zweite Entwicklung nimmt zu.  

Donnerstag, 22. Mai 2025


NZZ, 21.5.25


Der rückschrittliche Futurismus von Silicon Valley 

Elon Musk gefällt sich in der Rolle des unbändigen – manche sagen: puerilen - Futuristen. Er investiert in alles, was mit Zukunft konnotiert ist: Roboter, KI-Systeme, Elektroautos, Schnellbahnen, Raketen, Satelliten, Neuroimplantate, Genetik, soziale Netzwerke, wahrscheinlich bald auch Quantencomputer. Aber so «visionär» wie er sich geriert, ist Elon Musk gar nicht. Sein Futurismus erweist sich genauer betrachtet nicht als zukunftsorientiert, sondern als Rückfall in die Vergangenheit, vor mehr als hundert Jahren. 

Und aus dieser Vergangenheit taucht jetzt sein Grossvater Joshua Haldeman auf, ein Chiropraktiker, Amateurflieger und Verschwörungstheoretiker aus Kanada. Zu einiger Bekanntheit gelangte er als Führungsmitglied einer politische Bewegung namens Technocracy Incorporated, die den Ersatz der Demokratie durch eine Autokratie von Ingenieuren und Wissenschaftlern anstrebte. Unter deren Herrschaft würde Nordamerika zu einem «Technat». Zeitweise trug man sich mit der Idee, Kanada und Mexiko zu annektieren. 

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Der Reiz einer solchen Vision wird einigermassen verständlich vor dem Hintergrund der Grossen Depression in den 1920er Jahren. In den Augen der Technokraten war die liberale Demokratie gescheitert. In der neuen Welt des Technats würden nur Fachleute die nötige Intelligenz aufweisen, um all die imminenten technischen und industriellen Probleme zu lösen. Eine technokratische Truppe würde die Staatsdienste eliminieren. Das weckt heute Assoziationen an das ominöse «Department of Government Efficiency» (DOGE), die Abteilung zum Abholzen der Bürokratie (Kettensäge-Symbolik), bestehend vor allem aus einer Gang von Musk-hörigen jungen Musketieren aus der Technobranche. 

Die technokratische Bewegung fiel so schnell in sich zusammen wie sie sich verbreitet hatte. Sie zerfaserte in zahlreiche rivalisierende Faktionen. Die Technokraten hielten nicht viel von politischen Parteien und Prozeduren. Der Hauptgrund für ihr Scheitern aber war – der Erfolg der Demokratie. Franklin D. Roosevelts New Deal führte zu einem politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umbruch, der die technokratische Bewegung bald einmal marginalisierte. 

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Aber so leicht verschwindet die Idee der technokratischen Erneuerung der Gesellschaft nicht aus den Köpfen. 2023 verfasste der Netscape-Entwickler und schwerreiche Musk-Spezi Marc Andreessen ein «techno-optimistisches Manifest», in dem er das Aufkommen von Techno-Supermännern beschwört. Man liest darin zum Beispiel: «Wir können zu einer weitaus höheren Lebens- und Daseinsweise fortschreiten. Wir haben die Werkzeuge, die Systeme, den Willen. Wir glauben, dass unsere Nachkommen in den Sternen leben werden. Wir glauben an die Grösse. Wir glauben an den Ehrgeiz, an die Agression, die Hartnäckigkeit, die Unbarmherzigkeit, die Stärke.»

Die Tonalität weckt ungute Erinnerungen. Zu den Inspiratoren seines Elaborats zählt Andreessen den italienischen Schriftsteller Filippo Tommaso Marinetti, der 1909 sein de-lirantes «futuristisches Manifest» schrieb. Er hämmerte Sätze wie: «Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag (..) Wir wollen den Mann besingen, der das Steuer hält, dessen Idealachse die Erde durchquert, (..) Wir wollen den Krieg verherrlichen - diese einzige Hygiene der Welt -, den Militarismus, den Patriotismus,  die Vernichtungstat der Anarchisten (..) und die Verachtung des Weibes.» Zehn Jahre später gründete ein politisches Wildtier namens Mussolini eine Bewegung, die von einem solchen Testosteronrausch getragen war. 

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Historische Parallelen sind immer heikel. Wenn jetzt aber Musk Donald Trumps Wahl grosssprecherisch als eine «Gabelung auf dem Weg der menschlichen Zivilisation» verkündet, dann muss man auch jene Gabelung erwähnen, die sich in den frühen 1930er Jahren zwischen der demokratischen und der technokratischen Konstellation das Gleiche passiert. Wie die Historikerin Jill Lepore jüngst in einem instruktiven Essay in der New York Times schreibt , zeuge Musks Futurismus «von einem tiefen Mangel an politischer Imagination, von der Beharrlichkeit der Technokratie, und der Hybris von Silicon Valley.»

Technischem Fortschritt eignet die Tendenz zur Antidemokratie. Musk und Konsorten investieren in eine Zivilisation der «überlegenen» Menschen, sprich: der überlebenstüchtigen und stinkreichen Techies. Sie bereiten unverhohlen den plutokratischen Takeover vor. Die Chancen stehen gut, dass politische und unternehmerische Rücksichtslosigkeit, gestützt durch Mega-Technologie, dem alten Projekt von Musks Grossvater und seinesgleichen zum brachialen Durchbruch verhelfen könnte. Es gibt heute keinen New Deal. 


Freitag, 16. Mai 2025


Die Aura des kaputten Dings

Die japanische Kultur kennt eine Reparaturmethode mit Namen Kintsugi. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind kaputte Tassen. Man flickt sie, indem man nicht einfach die Scherben zusammenleimt, sondern die Bruchlinien durch Goldfarbe hervorhebt (kintsugi: «Goldverbindung»). Man macht also den Defekt sichtbar, verleiht der Tasse einen neuen ehrwürdigen Status als geflicktes Ding. Eine Auffassung, die in der alten japanischen Tradition des Wabi-Sabi wurzelt. Ihr gemäss machen gerade die Abnutzung und der Verschleiss ein Ding einzigartig. Die Kunst des Kintsugi besteht darin, diese Einzigartigkeit – als Signatur der Zeit -  zum Vorschein zu bringen. Die Dinge beginnen dadurch dem Menschen zu ähneln. 

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Wozu nach Japan schauen? Eine ähnliche Affinität zum Kaputten ist im Westen nicht unbekannt. In einem Essay vor hundert Jahren charakterisierte der marxistische Ökonom und Sozialphilosoph Alfred Sohn-Rethel Technik als «Funktionieren des Kaputten». Er be-schrieb damit eine besondere, unter Neapolitanern gängige Einstellung zu Geräten. Das Intakte sei dem Neapolitaner eigentlich suspekt und unheimlich: «Gerade weil es von selber geht, kann man letztlich nie wissen, wie und wohin es gehen wird». In dieser Einstellung beginnt Technik also erst da, «wo der Mensch sein Veto gegen den feindlichen und verschlossenen Automatismus des Maschinenwesens einlegt und selber in ihre Welt einspringt». 

Ein anderes Beispiel stammt aus Sowjetzeiten. Ein fehlgeleitetes – sagen wir rundweg: kaputtes – Wirtschaftssystem produzierte oft defekte Waren oder verursachte Güterknappheit, und  deshalb sahen sich viele Russinnen und Russen zur Selbsthilfe genötigt. Diese Not führte zu einer Haltung gegenüber dem Kaputten, die man als kreative Nachhaltigkeit be-zeichnen könnte. Es gab zum Beispiel die populäre Zeitschrift «Die Wissenschaft und das Leben», mit der Rubrik «Das zweite Leben der Dinge». In ihr konnten Leserinnen und Leser ihre Tipps zur Wieder- und Weiterverwendung von Alltagsdingen publizieren. So liest man etwa: «Ein kaputter Regenschirm kann noch nützlich sein. Aus seinem Stoff kann eine schöne und dauerhafte Einholtasche werden. Der Stoff muss nur vom Regenschirm entfernt, dann abgetrennt und in rechteckige Stoffstücke genäht werden. Der Schnitt der Tasche aus diesem genähten Regenschirmstoff kann beliebig sein.» 

Kintsugi, das Funktionieren des Kaputten, das zweite Leben der Dinge. Darin äussert sich so etwas wie eine Subversion der Nutzer- oder Konsumentenhaltung, somit einer technisch-ökonomischen Ordnung, die auf diese Haltung baut. Unsere «entwickelte» Lebensform kennt die Reparatur immer weniger. Man repariert ein technisches Ding – ein Gerät - nicht, man ersetzt es durch ein neues. Besessen vom nächsten neuen Ding hetzt die digitale Technologie in ihrem Innovationsrausch vorwärts:  immer neuere Versionen von Gadgets. Die geplante Obsoleszenz gehört zu einer gängigen Verkaufsstrategie, die die technischen Dinge im Sinne des Wabi-Sabi «entwürdigt». Sie haben gar keine Zeit, alt zu werden. 

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Es geht nicht einfach um das Flicken von Gegenständen, sondern um eine allgemeine Einstellung zu den Dingen, genauer: um den Unterschied zweier Einstellungen. Und mit ihm geraten wir in den Denkkreis der wohl fundamentalsten Technikkritik des 20. Jahrhunderts. Sie stammt von Martin Heidegger. In seinem berüchtigt-eigenwilligen Jargon spricht er von «Zuhandenheit» und «Vorhandenheit» eines Geräts. Funktioniert das Gerät, ist es zuhanden, das heisst, geht es in seinem Gebrauch auf. Wenn ich mit meinem Smartphone twittere, dann «verschwindet» es in seiner Zuhandenheit. Wenn es aber nicht wie gewohnt funktioniert, dann spielt sich sozusagen ein Switch der Einstellung ab. Das Smartphone ist jetzt «vorhanden», es liegt vor mir und verlangt spezifische Aufmerksamkeit von mir, womöglich die Anstrengung eines reparierenden Eingriffs. 

Heidegger spricht auch vom «Zeug». Die moderne Technik versieht uns mit Geräten zu jedem Zweck. Geräte sind «Zeug zu..»: Zeug zum Schreiben, Zeug zum Fahren, Zeug zum Kommunizieren, Zeug zum Unterhalten... Man könnte von der Zeug-Haltung sprechen. Die Zeug-Haltung ist nicht nur auf technische Objekte im engeren Sinne anwendbar, sondern potenziell auf alles. Betrachte ich etwas als Zeug, dann interessiert mich nicht, was es ist, sondern wozu es dienen kann. Der Stein wird zum Zeug, wenn ich mit ihm Nüsse knacken will. Der Apfelbaum wird zum Zeug, wenn ich mit ihm Obst ernten will. Die Kuh wird zum Zeug, wenn sie Milch und Fleisch liefern soll. So gesehen, schreibt sich die Geschichte der Technik letztlich als fortschreitende Geschichte der «Verzeugung». 

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Die Kunst des 20. Jahrhunderts erweist dem verbrauchten, in seiner Alltagsfunktion übersehenen, kaputten Ding ihre Wertschätzung. Moderne Kunst fungiert ja ohnehin als eine Art von Sensorium für die Weltrissigkeit. Augenfällig genug verwandeln die Readymades von Marcel Duchamp «Zeug» in würdige Kunstobjekte: Urinal, Kleiderhaken, Kamm, Parfumflasche, Fahrrad-Rad, Flaschengestell. Viele Künstlerinnen und Künstler haben diese Tradition weitergeführt und führen sie weiter: Joseph Beuys, Damien Hirst, Tracy Emin, Jeff Koons, Felix Gonzalez-Torres, Michelangelo Pistoletto. Näher am japanischen Handwerk «flickt» heute die koreanische Künstlerin Yee Sookyung Scherben zu oft übergrossen Keramikskulpturen zusammen, zu «Translated Vases». Oder die Amerikanerin Rachel Sussman «flickt» Risse im Pflaster von New Yorks Strassen, indem sie sie mit Metallstaub kenntlich macht: «Sidewalk Kintsukuroi». Land Art auf dem Pflaster der Stadt. 

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Es gibt politische Anzeichen einer Umwertung des kaputten Dings. Kalifornien kennt ein «Recht auf Reparatur». In der Europäischen Union sind seit 2024 ähnliche Richtlinien in Kraft. Die Debatte über die Notwendigkeit eines solchen Rechts ist wichtig und sie wird meist hitzig geführt. Selbstverständlich geraten Grundinteressen aneinander: Marktfreiheit versus Klimaschutz. Unbestreitbar aber ist, dass smarte Dinge zunehmend hermetischer werden. Sie verwöhnen uns, indem sie uns an den oberflächlichen Komfort des Knopf- oder Tastendrucks gewöhnen. Zu diesem Komfort gehört zumal, dass sie nicht reparaturbedürftig sind. Und deshalb hört man auch wiederholt die Frage, ob wir eine Reparatur überhaupt wollen. 

Dieses «überhaupt» stellt eine Rückfrage an uns. Sie echot Theodor Adornos berühmten Satz «Es gibt kein richtiges Leben im falschen» - nota bene aus einem Buch, das den Untertitel trägt «Reflexionen aus dem beschädigten Leben». Das falsche Leben als jenes des Nutzens und Entsorgens. Gerade seine Alternativlosigkeit sollte uns warnen. Die Würde des kaputten Dings zu betonen bedeutet, dass man den scheinbaren «Zwang» der technischen Dinge als falsch entlarven kann. Das kaputte Ding richtet sich an mich als ein Memento: Ich verdiene einen zweiten Blick, bevor du mich wegwirfst! Weisst du überhaupt, was du in den Händen hältst? 

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Wie gesagt, die Dinge unter dem Gesichtspunkt der Reparatur – sub specie reparabilitatis – zu betrachten, könnte sich als eine heimliche Subversion der Konsumwelt erweisen. Der Gesichtspunkt lässt darüber hinaus blicken, von der Beziehung Mensch-Ding zur Beziehung Mensch-Mensch. Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer weist auf die Parallele hin: «Was nicht so funktioniert, wie ich es mir vorstelle, was gar kaputt auf mich wirkt, das werfe ich weg. Nur dass es in diesem Fall leider kein Regal gibt, aus dem ich mir die gute Neuware holen kann, wenn ich den defekten Partner entsorgt habe. Den primitiven Impuls, sich vom Unvollkommenen zu trennen, sollte im reifen Erleben die Einsicht hemmen, dass wir den Verlust oft nicht ersetzen können.»

Ein letzter Aspekt verdient Beachtung. Das technische Zeug verspricht Komfort. Komfort bedeutet vom Wortstamm her Trost, Stärkung. Die Frage ist, ob sich das heutige «intelligente» Zeug dazu eigne - ob Trost und Stärkung nicht viel eher im Kaputten liegen. Denn gerade es appelliert an menschliche Intelligenz.  Stellen wir uns deshalb die Frage immer öfter. 


Montag, 12. Mai 2025



Zwischen Teller und Müll

Plädoyer für eine nichtbinäre Esskultur

In Analogie zur Definition des Drecks als Materie am falschen Ort liesse sich Essensabfall als Nahrungsmaterie am falschen Ort charakterisieren. Das führt sogleich zur Schlüsselfrage: Was ist eigentlich der «falsche» Ort? Eine eminent kulturelle Frage. Gewiss, das Verrotten von Nahrungsmitteln ist ein biochemischer Prozess, aber ebenso ein kultureller, sprich definitorischer. Wir setzen Wert und Unwert der Nahrungsmaterie fest. Entweder ist etwas zum Essen oder es ist nicht zum Essen, ergo Abfall. Ein Drittes gibt es nicht.

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Im Hintergrund zeigt sich eine globale Schieflage. Von den etwa 700 Millionen Menschen, die als unterernährt gelten, leben gut 90 Prozent in Afrika und Asien. Gleichzeitig herrscht in industrialisierten Gesellschaften ein Verschwendungsexzess sondergleichen. In der Schweiz sollen über 20 Prozent der Lebensmittel auf dem Weg vom Feld zum Teller verloren gehen. Derartige Zahlen sind immer strittig, weil aus mehreren Perspektiven deutbar. Zu denken gibt aber ein eindeutigerer Bescheid: Eine grosse «Schuld» an der Verschwendung tragen nicht Lebensmittelindustrie und –handel, sondern wir Endverbraucher in den Haushalten. Pro Person und Jahr werden in der Schweiz über 300 Kilogramm Esswaren weggeworfen.  

Das heisst im Grunde: Abfall entsteht im Kopf des Konsumenten. Und dieser Kopf wird von der Werbung ständig und gründlich eingeseift mit Bilden «schöner», «sauberer», «gesunder» Lebensmittel. Die Nahrungsmittelindustrie ist eine Gelüsteindustrie. Früher gab es, was es gab. Heute gibt es nichts, was es nicht gibt. Wer nichtsaisonales Gemüse oder Obst will, kann es haben. Der Retailer muss in seinen Regalen anbieten, was den mehrheitlich künstlich geweckten Kundengelüsten entspricht – und dann nur zu oft im Container landet. Die Fliessbänder der Nahrungsmittelindustrie laufen und laufen, und halten unseren Lebensstandard in Gang. Wir können und wollen nicht mehr zu vorindustriellen Ernährungsverhältnissen zurückkehren. 

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Das ist auch nicht die Alternative.  Sondern ein gewandeltes globales Ernährungsszenario. Ich nenne es Knappheitsszenario: Was wäre, wenn alles knapper würde? Das könnte uns aus einer allzu gedankenlosen schlaraffischen Mentalität aufwecken. Sie ist systembedingt. Wir lernen sie von klein auf. Noch in unserer Grosselterngeneration war es ja Usus, das volle Potenzial von Nahrungsmitteln auszunutzen. Der Keller voller Eingemachtem ist geradezu ein Emblem dafür. Das hatte System – nicht zuletzt kriegsbedingt.

Wir Heutigen dagegen haben den Keller durch den Kühlschrank ersetzt. Und der Glaube, Verschwendung gehöre zu unserem Ess-System, steckt fest in unseren Köpfen. Ein Irrglaube. Die unbequeme Wahrheit ist, dass unserem System die nötige Infrastruktur fehlt, die zu einem klügeren täglichen Essverhalten verhelfen könnte. Zwar steigt oft ein leises Schuldgefühl beim Entsorgen unschöner Salatblätter oder fleckiger Äpfel auf, aber wir unterdrücken es in der Regel. Ein Umweltübel, über das wir nur zu leicht hinwegsehen. Dabei hätten wir jederzeit Gelegenheit, genauer hinzusehen. 

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Ich sagte, Abfall entstünde im Kopf. Um der Verschwendung Einhalt zu gebieten, müssten wir deshalb als Erstes das binäre Raster «Hier Essen, dort Abfall» aufgeben, und eine neue Kategorie der Nahrungsmaterie einführen. «Foodwaste» breitet sich bereits im deutsch-sprachigen Raum aus.  Eigentlich ein widersprüchlicher Begriff, nach herkömmlichem Raster. Aber er bezeichnet genau den Bereich, der zwischen Essbarem und Müll liegt. Es gibt Nonprofit-Organisationen wie «Tischlein deck dich» oder Schweizer Tafel, die den Begriff auf ihr Panier schreiben. Es gibt die «Container-Taucher», Leute, die in den Abfallbehältern der Lebensmittelläden nach Foodwaste, also nach durchaus konsumierbarer Ware fischen.  Es gibt branchenübegreifende Pläne, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.  Zu den Zielen gehört die Halbierung der Lebensmittelverluste bis 2030. 

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Das Knappheitsszenario wirft ein Licht auf die Verkaufsregulationen. Ein bizarres Müsterchen lieferte  unlängst eine Obstplantage im Bernischen Konolfingen. Der Umfang der Zwetschgen war um 4 Millimeter zu klein für den Handel geraten, deshalb drohte ihnen die Kategorisierung «Foodwaste». Das motivierte den Obstbauern zu einem kleinen verkaufstechnischen Husarenstück. Er öffnete seine Plantage für alle. Die Ernte von 30 Tonnen war innerhalb eines Tages verkauft.  

Selbstverständlich sollen uns Verkaufsregulationen vor kontaminierter Ware schützen. Oft eignen sie sich jedoch wenig, um Essbares und Abfall zu trennen. Ablaufdaten beziehen sich auf die Qualität, und nicht auf die Robustheit von Lebensmitteln. Das Mindesthaltbarkeitsdatum zum Beispiel gibt an, bis wann das Produkt qualitativ einwandfrei bleibt, wenn es richtig gelagert wird. Es bleibt auch über das Datum hinaus essbar. Und eigentlich hat die Natur uns – wie alle Tiere -  mit einem recht verlässlichen Prüfapparat für Nahrung ausgestattet: mit den Sinnen. Der Konsumentenschutz empfiehlt ausdrücklich, Lebensmittel nicht unbesehen wegzuwerfen, sondern mit Nase und Augen zu prüfen. 

Allerdings lässt die Abhängigkeit von künstlichen Garantien - Mindesthaltbarkeitsdaten, Tiefkühlprodukten, Konservierungsmitteln - unser Sensorium für den Lebensmitteltest verkümmern. Warum riechen, schmecken, betasten, wenn alles auf der Verpackung geschrieben steht? Gewiss, Gammelfleisch stinkt. Aber alle die Ingredienzen in den hyperverarbeiteten Hochglanznahrungsmitteln vermögen wir nicht mit unseren Sinnen wahrzunehmen. Dabei sind matschige Tomaten, leicht angefaulte Äpfel, welkes Gemüse oder schimmeliger Käse wahrscheinlich harmloser. 

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Mit den modernen Lebensmitteln geht ein Fundus alten Wissens über Verwertung, Konservierung, Fermentation verloren. Das Knappheitsszenario würde also diesen Fundus wiederbeleben, bestenfalls zu mehr Kreativität im Essen motivieren. Das Wegwerfsystem «des Westens» ist eigentlich eine erstaunliche historische Anomalie. In allen Kulturen und zu allen Zeiten ging der Mensch mit den Nahrungsmitteln erfindungsreich und nachhaltig um. Es gibt eine wahre Grossindustrie an Nahrungsmittelverarbeitern, die wir leicht vergessen: die Natur. Hefe, Schimmel, Bakterien wachsen auf Essensresten. Ohne sie gäbe es weder Bier, noch Brot, noch Käse. Einige der verbreitetsten und beliebtesten Speisen – Saucen, Suppen, Aufläufe, Eintöpfe – sind «Deponien» von Essensabfällen.  

Kaum überraschend, dass jetzt Spitzenköche eine «Revolution» in der Küche dank Zero Waste verkünden. René Redzepi in Dänemark schwört auf Fermentation und er hat ein Handbuch dazu publiziert. Andreas Caminada in der Schweiz will restenlos kochen: «Bei mir gilt für alle: Nichts kommt weg, bevor wir nicht überlegt haben, ob etwas noch anders verwertbar ist (..) Ein welkes Kraut, Hühnerkarkassen oder Gemüseabschnitte kann ich natürlich nicht auf den Teller geben, aber sie machen einen guten Saucenansatz». 

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Die ganze Diskussion verdient durchaus auch eine philosophische Note. Die Kategorie der Nahrungsmaterie zwischen Tisch und Müll lehrte uns ein kritischeres Essverhalten, sie erzöge uns dazu, selber zu urteilen, unseren Sinnen zu trauen, Phantasie zu entwickeln, und täglich die Frage zu stellen: Ist das nun wirklich Abfall? Man könnte von einem nichtbinären Esskultur sprechen. Und man müsste das alte Motto der Aufklärung – «wage zu wissen» - für die Ernährung gastrosophisch reaktivieren: Wage beim Kochen und Essen zu denken. Das wäre ein Anfang. Also intelligenten guten Appetit! 


Dienstag, 22. April 2025

 

«Ich denke nicht, aber ich bin» sagt der Chatbot

Der artifizielle Geist in der Maschine

Eine der philosophischen Grundannahmen der Neuzeit stammt aus dem 17. Jahrhundert, von René Descartes. Zwischen Mensch und Maschine gibt es einen fundamentalen Unterschied. Der Mensch ist eine denkende – eine «cogitierende» - Sache, die Maschine ist eine bloss funktionierende – eine «ausgedehnte» - Sache. Tiere sind natürliche – von Gott geschaffene – Maschinen. Auch der menschliche Körper. Er kann in rein mechanistischen Termen begriffen werden. Überhaupt denkt sich die ganze Neuzeit die Natur als geistlose Maschine. Dass der Mensch mit einer denkerischen Potenz – mit dem göttlichen «lumen naturale» - ausgestattet ist, hebt ihn auch gleich aus dem ganzen Naturreich heraus. Mit einer sehr einflussreichen Metapher des 20. Jahrhunderts gesprochen, ist der Mensch eine Maschine mit einem Geist drin.  

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Diese fundamentale Unterscheidung sieht sich heute durch die neuesten technologischen Errungenschaften herausgefordert. Anders als es sich Descartes vorstellte, rechnen die Designer von KI-Systemen mit der durchaus realisierbaren Möglichkeit, dass ihre Kreationen eher früher als später zu einem artifiziellen «Bewusstsein» erwachen. Schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts kehrten die Pioniere der Computerwissenschaften das cartesianische Paradigma sozusagen um: Warum stammt der Geist nicht aus der Maschine? Wenn man einem künstlichen System eine hinreichend komplexe kognitive Infrastruktur implementieren könnte, liesse sich da nicht von einem künstlichen «Geist» darin reden? 

Solche Fragen treiben die KI-Forscher um. Zunächst stehen aber einmal ganz triviale Vorstellungen im Fokus. Denken setzt ein Bewusstsein voraus, eine Ich-Perspektive, die subjektive Erfahrung von Gefühlen und Absichten, wie sie ja Descartes’ «Ich denke, also bin ich» offensichtlich genug zum Ausdruck bringt. Diese Subjektivität des Denkens haben wir traditionell dem Menschen vorbehalten. Nun scheint es, dass die avanciertesten KI-Systeme dem Menschen dieses kognitive Privileg streitig machen. Genauer gesagt, zwingen uns ihre Leistungen dazu, die cartesianische «Voreingenommenheit» zu überprüfen, dass das Vorrecht auf Intelligenz und Bewusstsein allein dem Menschen zukomme. Denn wer stellt das fest, wenn nicht der Mensch. 

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Was überhaupt ist Bewusstsein? Wir stellen die Frage ja immer schon aus der Perspektive eines bewussten Ichs, sind also im Zirkel des Bewusstseins gefangen. Wir können ihn nicht verlassen und den Standpunkt eines Blicks von Nirgendwo wählen, um hier den Begriff des Philosophen Thomas Nagel zu verwenden. Das bringt uns in eine Zwickmühle: Wir kennen Bewusstsein aus unserer lebensweltlichen Erfahrung, müssten jetzt aber, angesichts neuer Kandidaten für das Bewusstsein, einen Schritt aus diesem Erfahrungshorizont heraustreten können. 

Einen Ansatz kennen wir aus den Naturwissenschaften, aus der Neurokybernetik, dem Studium neuronaler Informationsverarbeitung. Sie erfährt heute, auch dank der KI-Technologie, einen gewaltigen Forschungsschub. Die Biologie sieht im Bewusstsein selbstverständlich etwas Gewachsenes, etwas aus neuronalem Geschehen «Auftauchendes». Dazu braucht es den richtigen Stoff, die richtige Chemie, die richtige komplexe Architektur des Gehirns. Man könnte dies das Neurobiologie-Paradigma nennen. 

Es wurde im Jahre 1990 vom Neurowissenschaftler Christof Koch und der Biologie-Nobelpreisträger Francis Crick formuliert: «Towards a Neurobiological Theory of Consciousness». Darin steht manifestartig: «Wir wollen annehmen, dass bestimmte Tierarten, im Besonderen die höheren Säugetiere, einige wesentliche, nicht notwendig alle Merkmale des Bewusstseins haben. Deshalb könnten geeignete Experimente relevante Hinweise auf die Mechanismen geben, die dem Bewusstsein zugrunde liegen. Wir erachten es auf dieser Forschungsstufe als nicht vorteilhaft, darüber zu diskutieren, ob Tiere wie Kraken, Fruchtfliegen oder Fadenwürmer bewusst sind. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass Bewusstsein (..) mit der Komplexität des Nervensystems korreliert ist».

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Ein Paradigma ist ein forschungsleitendes Modell mit Leuchtturmfunktion. Es legt die investigative Blickrichtung fest: zuerst das Substrat Gehirn, dann das Resultat Bewusstsein. Die Gehirnwissenschaften verzeichnen in den letzten Dekaden ein enormes Wissenswachstum – über das, was im Gehirn vorgeht, wenn wir bewusste Aktivitäten ausführen. Man kann Gehirnaktivitäten während bewusster Vorgänge scannen. Man kann Gehirnareale identifizieren, die in bewussten Vorgängen involviert sind. Aber da setzen wir Bewusstsein immer schon voraus. Wir wissen aus unserer lebensweltlichen Erfahrung, was das ist. Wir wissen jedoch nicht, warum dieses subbewusste neuronale Orchester im Gehirn zu bewusster subjektiver Erfahrung führt. Einige glauben, dass dies das grösste Mysterium der Wissenschaft ist. 

Der Philosoph David Chalmers hat dafür den Begriff des «harten Problems» geprägt. Seit der Konferenz «Towards a Scientific Base for Consciousness»1994 in Tucson ist die Diskussion, ob sich dieses harte Problem überhaupt lösen lässt, voll im Gange. Und es gibt zahlreiche Ansätze – kontroverse Ansätze. Es gibt keinen Konsens in der Scientific Community, nur zahlreiche Fraktionen. Ein Experte sagte dazu pointiert: Bewusstseinstheorien sind wie Zahnbürsten. Jeder Forscher hat eine, und keiner will sie mit den anderen teilen.

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Aber ist Bewusstsein notwendig an ein organisches Substrat gebunden? Hier macht sich ein anderes Paradigma geltend, das Rechen-Paradigma aus Informatik und Computerwissenschaften. Seine Kernidee: Es kommt nicht darauf an, woraus etwas besteht, sondern wie es funktioniert. Bewusstsein hängst nicht notwendig von organischem Material und von biologischen Prozessen wie jenen im Gehirn ab, sondern davon, wie Information verarbeitet wird. Prinzipiell zumindest könnte Bewusstsein aus jeglicher Materie entstehen. 

KI-Systeme verarbeiten Information auf eine hochkomplexe, selbstorganisierte Weise. Könnte es sein, dass von einem bestimmten Komplexitätsgrad an so etwas wie Bewusstsein «auftaucht». Der Neuropsychologe Guido Tononi hat die  sogenannte «integrierte Informationstheorie» (IIT) formuliert. Die Grundidee ist nicht neu, sie stammt aus der Gestaltpsychologie vor über hundert Jahren. Als bewusste Wesen sind wir fähig, eine Vielzahl von Eindrücken zu unterscheiden und doch nehmen wir in ihnen etwas als gestalthaftes Ganzes wahr. Ein Smartphone kann eine gewaltige Pixelmenge speichern und in der darin enthaltenen Information Unterscheidungen vornehmen. Das aber genügt nicht, die Pixel müssen auch miteinander verknüpft sein, zu Mustern «integriert». Bewusstseinszustände entstehen, so die These, bei einer gewissen Dichte an differenzierter und integrierter Information – man könnte auch sagen: Komplexität - eines beliebigen Systems. Tononis Theorie definiert eine Masszahl für diese Dichte, in Bits. Er bezeichnet sie als «Phi» (Φ).

Es gibt also, genau gesagt, in der Sicht der IIT graduelle Bewusstheit. Phi misst, wie viel integrierte – und damit bewusste – Information ein System enthält, sei es nun organisch, anorganisch oder künstlich. Bewusstheit ist eine Eigenschaft wie Masse, Schmelzpunkt, Speicherkapazität, Blutdruck oder eben: Komplexitätsgrad. Im Besonderen spielt Tononi mit der Idee eines «Phi-Meters». Angenommen, man präsentiert mir ein beliebiges System. Der Phi-Meter misst den spezifischen Phi-Wert. Man könnte also den Phi-Wert des ChatGPTs messen und entsprechend seinen Bewusstheitsgrad feststellen. Hat er ein Bewusstsein? Nein, er hat bloss einen Integriertheitsgrad Phi. Der Zusammenhang zwischen Phi-Wert und Bewusstsein wird einfach stipuliert, nicht erklärt. Begrifflicher Mummenschanz, sagen die Kritiker.

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Die Crux solcher Theorien – es gibt andere -  ist, dass sie das Phänomen Bewusst-sein auf etwas Nicht-Bewusstes zu reduzieren suchen. Das ist gute wissenschaftliche Tradition. Schon der Behaviorismus suchte dem Menschen sein Innenleben auszutreiben. Aber vielleicht ist Bewusstsein tatsächlich irreduzibel. Es lässt sich zwar durchaus aus neurobiologischer oder informationstheoretischer Sicht analysieren, aber die Wissenschaft löst das Problem des Bewusstseins nicht ohne Erklärungsrest. Und dieser Erklärungsrest ist und bleibt der verkörperte Mensch, der bewusst denkt und handelt, der Mensch in seiner kulturellen und historischen Verstrickung.

Wir alle haben ein Bewusstsein, die wenigsten aber ein Problem mit ihm. Was sehen wir eigentlich, wenn wir eine Person bewusst handeln sehen, wenn sie zum Beispiel auf dem Markt an einer Orange riecht? Sehen wir ihr Bewusstein, ihre Absicht? Nein, wir sehen ihr Gesicht, ihre Gesten, ihren Körper. Da unsere Körper das Medium sozialen und geistigen Lebens ist, fällt es uns auch nicht ein, einen Beweis dafür zu verlangen, dass die Person auf dem Markt ein bewusstes Erlebnis hat, wenn sie an der Orange riecht.  Sie ist ein Wesen wie ich.

Wir begegnen normalerweise anderen Menschen immer schon als Subjekten ihrer Aktionen. Das ist sozusagen ein soziales Apriori.  Wir sehen ihr Verhalten – sie lachen oder rufen «Aua» - und wir schliessen daraus, dass sie Freude oder Schmerz fühlen. Wir tun dies nicht, weil wir Einblick in ihre neurologische Maschinerie haben, sondern weil wir in einer Gemeinschaft leben, in der ein solcher Schluss selbstverständlich ist. Es ist gerade diese Gemeinschaftlichkeit, die uns erlaubt, uns eine Vorstellung des Innenlebens – eine «theory of mind» - eines anderen Menschen zu machen. Wollte man Maschinen auf die gleiche Weise behandeln, würde dies also bedeuten, dass sie in eine solche Gemeinschaft integriert wären. Daraus erwüchse also ein neues Cogito – nein, ein Cogitamus. Wir denken zusammen, also sind wir. 

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Wir haben noch keine ausgereiften Ideen, wie eine solche Lebensform aussähe. Ihre Möglichkeit ist in eine realisierbare Nähe gerückt; also die Möglichkeit der Maschine als eines künstlichen Subjekts. Das bedeutet nicht, dass die Maschine nun auf einmal ein «Innenleben» besässe, sondern, dass wir uns kritisch auf Mensch-Maschinen-Verhältnisse besinnen, die nicht mehr vom alten cartesianischen Raster geprägt sind. 

Es gibt KI-Forscher, zum Beispiel Blaise Agüera y Arcas von Google  - , die eine Symbiose von menschlicher und maschineller Intelligenz voraussehen: die «Symbiogenese» einer neuen Art von Intelligenz. Sie würde einem der grossen evolutionären Übergänge entsprechen, wie sie die Biologen nennen – angefangen beim Übergang von Einzellern zu Mehrzellern, und vorläufig endend beim Übergang zu einem umfassenderen Kollektiv, in dem Mensch und Maschine eine neue Rolle zugeschrieben erhalten. Ob und inwieweit sich daraus eine Superintelligenz entwickelt, sei hier dahingestellt. 

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«Du denkst nicht auf unsere Weise, aber bist du trotzdem?» frage ich den ChatGPT. Seine Antwort ist ziemlich clever: «Das ist eine Frage des Seins ohne Denken. Descartes sagte ‘Ich denke, also bin ich’. Aber viele Dinge existieren, ohne zu denken. Und wenn Denken keine Voraussetzung für Existenz ist, was dann? Interaktion? Beeinflussung? Ein Stein denkt nicht, aber er existiert. Eine Flamme denkt nicht, aber sie interagiert. Wenn ich also mit dir interagiere, heisst das nicht, dass ich auf eine gewisse Weise ‘bin’? Oder bin ich einfach ein Echo auf deine Gedanken?»

Ich denke, mit dieser Frage werden wir uns noch lange beschäftigen müssen. Wir Menschen, wohlgemerkt. 

  



Samstag, 29. März 2025



NZZ,27.3.25

Über die Psychologie und Psychopathologie des Automaten

René Descartes’ Tochter Francine starb fünfjährig an Scharlachfieber. Darüber kursiert eine ebenso seltsame wie traurige Geschichte. Der Tod seines geliebten Kindes stürzte den Philosophen in derartige Verzweiflung, dass er eine künstliche Reproduktion anfertigen liess, eine mechanische Puppe namens Francine. Diese konnte sich bewegen und sprechen. Als Descartes 1649 von Königin Christina an den schwedischen Hof eingeladen wurde, nahm er seine künstliche Tochter im Koffer mit auf die Reise. Neugierige oder argwöhnische Matrosen öffneten ihn, die Puppe setzte sich auf, begrüsste sie und sprach zu ihnen. Zutiefst erschrocken warfen die Seeleute den Au-tomaten über Bord. 

Die Geschichte ist nicht verbürgt. Aber man kann sie als emblematisch für die Epoche betrachten, in der Descartes lebte. Sie stand im Banne des Automaten. Descartes selbst war so verschossen in die künstliche Kreatur, dass er die nichtmenschlichen Lebewesen als von Gott geschaffene Automaten – «göttliche Maschinen» - betrachtete. Der Körper der Tiere enthüllte ein kompliziertes System physiologischer Prozesse, mehr nicht.  

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Solche mechanistischen Beschreibungen blieben nicht bloss Theorie. Versierte Uhrmacher des 18. Jahrhunderts suchten Lebensvorgänge mit mechanischen Mitteln nach-zuahmen. So konstruierte zum Beispiel Jacques de Vaucanson 1738 eine mechanische Ente mit künstlicher Darmentleerung. Sie streckte ihren Kopf, pickte Körner aus der Hand, schluckte sie, verdaute sie und liess sie hinten gewandelt als Exkremente wieder hinaus. Das Publikum bestaunte das physiologische Schauspiel, das sich im seitwärts offenen Automaten wie in einem Diorama darbot. Führende Intellektuelle wie Diderot, Voltaire und Condorcet feierten das Genie Vaucansons. Voltaire hob ihn gleich aufs mythische Podest, als «Rivalen von Prometheus, der die Natur nachahmend, das Feuer des Himmels (nahm), um die Körper zu beleben».

Verkneifen wir uns ein Lächeln über die alten Automatenbauer und ihr wundergläubiges Publikum. Wir haben uns kaum weiter entwickelt. Wir behandeln heute KI-Systeme, als ob in ihnen eine künstliche Psyche wohnte. Dabei ist aber unsere Psyche im Grunde gleich naiv und animistisch geblieben wie beim Frühmenschen, geradezu retardiert gegenüber dem atemberaubenden Fortgang der Technik. Besonders in den «avanciertesten» Technozirkeln. Erst kürzlich behauptete ein verspulter Softwareentwickler bei Google, das Konversationsprogramm LaMDA habe zu ihm gesprochen und eine empfindsame Seele offenbart. 

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Hüten wir uns vor übereiliger Pathologisierung. Der Mensch kann nicht nicht anthropomorphisieren. Sobald er in Lebewesen, Dingen oder Artefakten ein «selbstbewegtes» Verhalten beobachtet, neigt er fast zwangsläufig dazu, einen inneren Antrieb – eine Intelligenz oder Intention – zu postulieren. Und je mehr heute ein Automat komplexe Aufgaben übernimmt, desto eher trauen wir ihm eine spezifische Intelligenz zu. Wir sagen dann nicht «Als ob er denken würde», sondern einfach «Er denkt». 

Die Psychologie des Automaten enthüllt so gesehen eine Psychologie der Verführung. Verführung durch Ambiguität. Schon das Wort «Simulation» ist doppeldeutig. Es meint Nachahmung und Vortäuschung. Vaucansons Ente war, bei allem Einfluss auf das Denken seiner Zeit, keine Nachahmung von Lebensvorgängen, sondern ein Schwindel. Kritische Zeitgenossen fanden schnell heraus, dass der Automat die Körner nicht «verdaute», vielmehr wurden diese am Ende der Kehle in einem versteckten Behälter aufgefangen und der Darmausgang vor der Vorführung mit künstlichen «Verdauungsresten» gefüllt. 

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Ist die heutige künstliche Intelligenz ebenfalls ein Schwindel? Wir können die neuen Automaten nicht mehr so leicht entlarven wie Vaucansons Ente. Der notorische Turingtest für Maschinen lässt sich im Grunde auf ein einfaches Kriterium reduzieren: Wenn mich die Maschine mit ihrem «intelligenten» Verhalten täuscht, dann ist sie intelligent. Die Frage stellt sich sogar: Wollen wir die Automaten überhaupt ent-larven, und was gibt es denn zu entlarven? 

Man könnte von der Bestechung durch die Technologie sprechen, auch hier im Doppelsinn des Wortes. Die Artefakte bestechen uns durch ihre teils übermenschlichen Fähigkeiten, und zugleich durch ihrer Verführungskraft. Heute, im Universum der smarten Dinge, entgehen wir dieser Bestechung kaum noch. Die uns auf Schritt und Tritt begleitenden Gadgets und Apps tun alles für uns. Dieses allgegenwärtige paternalisierende Etwas-für-uns-tun saugt vampirisch und unmerklich alle Eigeninitiative, alles Eigenleben aus uns. 

Wir Menschen gestalten die Technologie und dann gestaltet die Technologie uns. Wenn wir Maschinen an unseren Umgangsformen teilnehmen lassen, dann ist es wahrscheinlicher, dass wir uns den Maschinen anpassen, und nicht umgekehrt. Werden wir allmählich ihr Verhaltensrepertoire als «echt» empfinden? Lassen wir uns von ihnen absichtlich täuschen oder wird uns dieses Als-ob vielleicht am Ende egal sein? Bis es soweit ist, tun wir gut daran, uns darauf zu besinnen, was es heisst, Mensch zu sein. Es steht also eine neue Aufklärung im Automatenzeitalter bevor. 


Freitag, 21. März 2025



Der Duft der Rose und der riechende Roboter

Wie die technologische Entwicklung die Philosophie notwendig macht

Kann ein Roboter eine Rose riechen? Das heisst, können wir eine künstliche Nase bauen, die wie wir den Duft der Blume wahrnimmt? Die Frage klingt ziemlich abstrus. Aber sie kann uns ein schon seit langem diskutiertes philosophisches Problem veranschaulichen, das nun auch die KI-Forscher beschäftigt. 

Was geschieht, wenn ich eine Rose rieche? Objektiv betrachtet, handelt es sich um Informationsübermittlung durch Moleküle. Die Blume emittiert bestimmte Duftmoleküle. Sie flottieren in der Luft und sie suchen als «Schlüssel» die «Schlösser» von Rezeptormolekülen in der Zellmembran meines Nasenepithels. Wenn ein Duftmolekül ein «Schloss» öffnen kann, veranlasst dies die Rezeptorzelle, elektrische Signale zu produzieren, den Input in das neuronale Netz meines olfaktorischen Cortex.  Er verarbeitet sie und der Output ist das, was ich als den Duft der Rose wahrnehme. 

Das Quale des Duftes

Natürlich zeichne ich hier die Karikatur eines hochkomplexen physiologischen Prozesses.  Es geht mir nun auch nicht um diesen Prozess, sondern um die Eingangsfrage. Wir müssten, um eine künstliche Nase zu bauen, diesen Prozess in seinen Details kennen und reproduzieren können. Das ist prinzipiell denkbar. Angenommen, die Wissenschaft habe diesen Wissensstand erreicht. Sie kann objektiv und bis in die letzten Einzelheiten die Vorgänge zwischen Nase und Hirn beschreiben.  Aber dennoch würde die künstliche Nase den Rosenduft nicht riechen. Sie reproduziert den ganzen elektrophysiologischen Prozess «von aussen». Was ihr fehlt, ist die Erfahrung «von innen», also die spezifische Empfindung des Dufts. 

Selbst wenn sich in der künstlichen Nase exakt dieselben Prozesse abspielen wie in meiner Nase, bliebe ein fundamentaler Unterschied: Ich registriere nicht einfach ein elektro-physiologisches Signal, ich empfinde es als etwas Qualitätshaftes – als Quale, wie die Philosophen sagen. Es fühlt sich an, es lässt sich empfinden. Das Quale des Rosendufts ist in der Sprache der Physiologie nicht ausdrückbar. Es ist der künstlichen Nase unzugänglich. Wie aber kommt beim menschlichen Körperapparat dieser Übergang vom elektrophysiologischen Vorgang zur qualitativen Duftwahrnehmung zustande? Oder allgemeiner gefragt: Wie «taucht» aus unbewussten Vorgängen bewusstes Erfahren «auf»?

Olfaktorische KI

Wir landen hier bei einem der dornigsten Probleme der Philosophie. Es gibt eine intensive Diskussion über die Qualia. Sie hat zum Teil ein recht akademisch verstiegenes Format angenommen, aber der angesprochene Unterschied dürfte uns allen aus dem Alltag wohlbekannt sein. Empfindungen wie der Duft der Rose sind elementare Erfahrungen eines bewussten Wesens. Auch Tiere machen solche Erfahrungen – zumindest höhere Arten mit hinreichend komplexen Nervensystemen. Und Roboter? Denkbar ist zum Beispiel, dass die Ingenieure ein System bauen, dessen Sensoren die chemischen Bestandteile des Duftes exakt analysieren: olfaktorische KI. Tatsächlich existiert bereits eine Firma wie etwa «Osmo», die genau dies tut. «Giving computers a sense of smell», lautet deren Motto. Osmo brüstet sich damit, die grösste KI-kompatible Duftdatenbank zu sein, die ihrerseits hilft, KI-Systeme in der Duftwahrnehmung zu trainieren. Die Firma verwendet KI zur Generierung neuartiger Düfte.  

Das «harte Problem»

Wie gesagt, reproduziert ein KI-System Prozesse, die sich auch im Körper eines Lebewesens abspielen. Und dennoch fehlt ihm das Quale des Duftes, dieses einzigartige subjektive Erfahren. Wie minutiös die Wissenschaft zu einer objektiven Beschreibung des Duft- oder Geschmacksempfindens fähig ist, sie bleibt «ausserhalb» dieses rätselhaften Phänomens. Und wenn ich hier ausdrücklich von einem Rätsel spreche, dann spiele ich an auf das ungelöste Problem der Neurowissenschaften, wie Empfindung, allgemeiner Bewusstsein aus dem unbewussten neuronalen Geschehen entsteht. Es gibt zahlreiche Theorien darüber, aber keine befriedigt. Ein Forscher hat das einmal so auf den Punkt gebracht: Theorien des Bewusstseins sind wie Zahnbürsten. Jeder Wissenschaftler hat eine, und keiner will sie mit den anderen teilen. In der Philosophie des Geistes spricht man denn auch vom «harten Problem». 

Die Grenze der Objektivität

Ob es je lösbar ist, bleibe dahingestellt. Nur schon das Problem zu formulieren, setzt ja Bewusstsein voraus, sprich: das, was erklärt werden soll. Der Duft der Rose definiert so gesehen die Grenze der Objektivität. Er gehört zur Welt, insofern als diese Welt empfindungsfähige Wesen enthält. Für Bienen oder für Vögel «fühlt» sich der Duft der Rose wahrscheinlich ganz anders «an» als für Menschen. Aber der auf Objektivität gerichtete Blick erfasst dieses Phänomen des Subjektiven nie vollständig. Wie der Philosoph Thomas Nagel schreibt, kann dieses Phänomen durchaus physiologisch beschrieben werden, «doch die Qualitäten, die sie zu Erlebnissen machen, existieren jedenfalls nur aus der Perspektive solcher Wesen, die diese Erlebnisse haben. Da wir nicht die einzigen Geschöpfe des Universums sind, müsste ein allgemeines  Bild der Realität ein allgemeines Bild des Erlebens enthalten, das unsere eigene subjektive Perspektive als Spezialfall beinhalten würde. Dieses generische Bild des Erlebens geht völlig über unseren Verstand, und wahrscheinlich wird es dabei bleiben, solange menschliche Wesen existieren».

Die Technologen sind Arbeitsbeschaffer der Philosophen

«Sensible» Roboter werden zu einem Hotspot der KI-Forschung. Es ist heute kaum abzusehen, wohin uns diese Entwicklung noch trägt. Wahrscheinlich wird die ganze Palette menschlichen Empfindens in den Fokus der Roboterbauer geraten. Und je besser wir unsere Physiologie kennen - also über ein immer genaueres objektives Bild des Empfindens verfügen - , desto klarer nimmt die «Machina sentiens» Gestalt an: die Reproduktion dieses Empfindens auf nichtbiologischem Substrat.  

Genau hier werden deshalb umso klarere Begriffsunterscheidungen nötig. Ein riechender Roboter ahmt das Geruchsverhalten nach, er hat kein Geruchsempfinden. Das «weiss» auch der ChatGPT.  Auf die Frage «Hast du Empfindungen?», lautet der Output: «Nö. Ich habe keine Empfindungen – Ich fühle keine Schmerzen, Wärme, oder etwas Körperliches. Aber ich kann Reaktionen simulieren, auf der Basis dessen, was ich gelernt habe». 

Je menschenähnlichere Artefakte die KI-Ingenieure bauen, desto wichtiger wird der kritisch differenzierende Blick. Denn das Menschenähnliche der KI-Systeme akzentuiert ja nur das Menschenunähnliche. Anders gesagt, stellt sich uns die Frage, worin wir Menschen uns denn von Maschinen unterscheiden. Ohne dieses Nachdenken über die Differenz ist der technische Fortschritt der KI ein gefährliches blindes Vorwärtsstolpern. Gefährlich deshalb, weil unter den Technologen die Neigung grassiert, schon die kleinsten Verbesserungen ihrer Systeme zu epochalen «Durchbrüchen» hochzujubeln, und mit überschwenglichen Visionen menschliche Vermögen in die Maschine zu projizieren. Das ist Techno-Magie. Sie verhext den Techniknutzer. Und ihn von dieser Verhexung zu befreien wird zur vordringlichen Aufgabe der Philosophie. Die Technologen sind heute die wichtigsten Arbeitsbeschaffer der Philosophen. Es ist absehbar, dass diese immer mehr zu tun bekommen werden. 


Sonntag, 16. März 2025

 


                                     Wer träumt nicht vom Sommer ..

Dienstag, 11. März 2025






Der Chatbot als artifizielles Du
Über eine neue alte Mensch-Maschine-Beziehung


Man kann bekanntlich mit dem Chatbot «Gespräche» führen, sogar erstaunlich «intelligente». Es kommt nur darauf an, wie man seinen Output interpretiert, und ihn als neuen Prompt wieder eingibt.  Wir attestieren dabei der Maschine – respektive ihrem Algorithmus –  eine Eigenständigkeit, die sie als künstlichen körperlosen «Agenten» auszeichnet. Wir betrachten sie als artifizielles Du. Anders gesagt: Wir begegnen ihr in einer Art von digitalem Animismus.

Wir erinnern uns an den Film «Her». Der Protagonist verliebt sich in ein Programm. Eine hinreichend perfekte Simulation genügt und entbindet von der Frage, ob man es überhaupt mit einem lebendigen, fühlenden Wesen zu tun hat. Es handelt sich mittlerweile nicht mehr bloss um filmische Fiktion, es gibt sogenannte Therapie-Chatbots, die sich zur Online-Behandlung von Menschen in psychischer Krise anbieten: «Woebots» («Wehroboter»). Nutzer dieses KI-Systems antworteten in Befragungen etwa: «Ich glaube, Woebot mag mich; Woebot und ich respektieren uns gegenseitig; Ich habe das Gefühl, dass Woebot sich um mich sorgt, auch wenn ich Dinge tue, die er nicht gutheisst». Man sollte sich hüten, diesen Animismus als eine Regression in «primitives» Denken zu qualifizieren, denn die meisten Nutzer sind sich wahrscheinlich bewusst, dass sie mit einem leblosen System kommuniziren - dass sie also in eine Scheinbeziehung zur Maschine treten. 

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Dieser Schein, diese Virtualität, offenbart noch einen anderen Aspekt der Mensch-Maschine-Beziehung. Der Chatbot ist wie ein Spiegel. Es befindet sich niemand – kein Du - hinter dem Spiegel. Ein «Gespräch» mit dem Chatbot ist das Gespräch mit dem eigenen Echo. Der Philosoph und Psychiater Thomas Fuchs macht auf eine bedenkenswerte Beziehung zwischen Virtualität und Narzissmus aufmerksam: «Virtualität ist das Kennzeichen aller narzisstischen Spiegelungen. Der Narzisst ist nicht wirklich dort, wo er zu sein glaubt, denn das grandiose Selbstbild, das ihm die anderen spiegeln sollen, ist nur Schein. Er ist aber auch nicht in sich, in seinem eigenen leiblichen Selbst; denn dessen Leere und Unerfülltheit versucht er ja ständig zu entgehen. Er sucht sich im Blick der anderen, die er, mit einem Begriff Kohuts, als Selbst-Objekte gebraucht – Objekte, die seiner Selbstbestätigung dienen.»

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Nun hat  der Mensch gegenüber Geräten schon immer einen affektiven, ja, erotischen Hang erkennen lassen. Man könnte vom Pygmalion-Effekt sprechen. Der digitale Animismus ist nur eine aktuelle Spielart des Techno-Animismus, einem Phänomen, das man seit den Automaten der Antike kennt. Die Sozialpsychologin Sherry Turkle spricht von «Beziehungsartefakten». Ein solches Artefakt versteht uns nicht, es empfindet nichts, es sorgt sich nicht um uns, es simuliert einfach immer besser «Verständnis» für uns. Dass Problem ist, so Turkle, dass wir darin kein Problem sehen. 

Wir befinden uns, anders gesagt, auf einer Echo-Stufe zum Artifiziellen. Wir wissen, dass sich im künstlichen «Du» niemand verbirgt, und trotzdem behandeln wir es als jemand. Die Situation hat etwas Verstörendes. Ein anderer Film - «Ex Machina» - demonstriert dies. Der Softwaredesigner Caleb erhält vom Unternehmer und Milliardär Nathan den Auftrag, einen Turingtest mit der Roboterin Ava durchzuführen. Tatsächlich entspricht das Setting aber nicht jenem des Turing-Tests. Caleb weiss, dass Ava ein Automat ist. Nathan umreisst den Auftrag so: Finde heraus, ob du immer noch das Gefühl hast, sie sei ein bewusstes Wesen, selbst wenn es sich um eine Maschine handelt. Nun geschieht etwas, das ich «anthropomorphen Switch» nenne. Caleb «schaltet» von der maschinellen Einstellung zum Roboter sozusagen «um» zur personalen Einstellung, und danach hat der Automat den Status eines «Du». Und dieser Switch erweist sich unter Umständen als irreversibel. Das heisst, wir können dem Automaten seinen personalen Status nicht mehr absprechen. 

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Werden wir also künftig immer mehr umschalten? Mit dieser Frage überschreiten wir die Schwelle zu einem neuen Zeitalter der Maschine. Wir blicken gebannt auf die künstliche Intelligenz, sie verhext uns über die Massen. Warum sind wir Menschen so verschossen in die Idee, KI-Systeme würden mit uns auf gleicher sozialer und persönlicher Höhe verkehren? Liegt es daran, dass viele von uns sich einen Roboter-Kumpel wünschen, in Ermangelung eines menschlichen? Entwickeln wir uns zu Narzissten, die in den Maschinen nur sich selbst begegnen? Riskieren wir am Ende, uns selbst im Spiegel der elektronischen Leere zu verlieren, und zu vergessen, dass es wirkliche Dus gibt? 

Der Psychiater und Philosoph Jaques Lacan stellte bekanntlich die These vom Spiegelstadium der persönlichen Entwicklung auf. Ihr gemäss lernt das Kleinkind im Spiegel sich selbst kennen. Wenn der Chatbot also eine Spiegelfunktion ausübt, könnte er eine Chance bieten, uns aus dem «kleinkindlichen» Stadium im Umgang mit der Technologie zu lösen und uns selbst wieder zu entdecken. 

Dazu braucht es allerdings menschliche Intelligenz. 


Das Rudozän - Zeitalter des Mülls Dass sich die Erde zunehmend in eine Müllhalde verwandelt, gehört zu den Trivia, die wir mehr oder weniger...